Der Verfassungskonvent von Herrenchiemsee für die Bundesrepublik Deutschland jährt sich heuer zum 70. Mal. Das will die Vereinigung der Freunde von Herrenchiemsee am Samstag, 6. Oktober, auf der Herreninsel feiern.
Chiemsee – Von 475 Mitgliedern im Vorjahr auf nunmehr 476 Mitglieder konnte sich der Verein steigern. „Dennoch haben wir guten Grund zur Sorge, denn alljährlich verlieren wir aus verschiedenen Gründen 20 bis 25 Mitglieder. Unser Ziel, 500 Frauen und Männer in unseren Reihen zu wissen, können wir nur erreichen, wenn wir uns noch stärker um Neumitglieder kümmern und wenn wir es den Leuten vermitteln können, wie interessant Herrenchiemsee und unser Vereinsleben sind“, appellierte der Vorsitzende, Dr. Friedrich von Daumiller, der sich freute, mit Hans Helmberger als Vorsitzendem des Historischen Vereins Traunstein ein neues Mitglied und einen weiteren Verbündeten bei der heimatlichen Geschichtsbetrachtung gefunden zu haben.
Seit 57 Jahren bemühen sich die Freunde von Herrenchiemsee darum, dass der Inseldom wieder hergerichtet und für die Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird. Vor fast zwei Jahren sagte der damalige, für die bayerischen Schlösser und Seen zuständige Finanzminister Dr. Markus Söder für die Innen-Restaurierung 1,3 Millionen Euro zu. „Nach jüngsten Gesprächen mit der zuständigen Abteilung im Finanzministerium sind die Planungen vo rangekommen, sie sollen 2019 fertig werden. Alsdann werden diese dem Landtag vorgestellt und wenn dieser zustimmt, können wir mit ersten Führungen 2020 oder 2021 rechnen“, erklärte von Daumiller.
Ein weiteres zentrales Anliegen der Freunde von Herrenchiemsee ist seit über einem Jahrzehnt auf Anregung des früheren Priener Bürgermeisters Lorenz Kollmannsberger die Aufnahme von Schloss Herrenchiemsee im Verbund mit Neuschwanstein und Linderhof in die Liste der Weltkulturerbe-Stätten. „Dieses Verfahren kann noch etwas dauern, da noch nicht von allen betroffenen Gemeinden und Stellen die notwendigen Zustimmungen vorliegen. Gut Ding will Weile haben“, sagte von Daumiller.
Mit Beifall bedacht wurde die Information, dass der langjährige, im Vorjahr verstorbene Schatzmeister Eberhard Abe und seine Frau Brigitte das Porträt von Johann Franz von Preysing (1615 – 1687), dem Fürstbischof vom Chiemsee von 1670 bis 1687, der Vereinigung geschenkt haben. Das Ölgemälde von Franz de Neve aus dem Jahr 1672 ist nun ebenso im zweiten Stock des Fürstenstocks im Augustiner-Chorherrenstift zu sehen wie vier Por träts von Pröbsten und Chorherren, die auf Kosten des Vereins restauriert worden sind.
Der Verfassungstag am 6. Oktober wird derzeit mit Unterstützung des Priener Ludwig-Thoma-Gymnasiums und der Prien Marketing GmbH vorbereitet. Vorgesehen sind unter anderem eine kirchliche Andacht, ein Verfassungsfest, eine Buchvorstellung im Bibliothekssaal sowie eine Festveranstaltung mit dem bekannten Historiker Professor Dr. Manfred Treml.
Josef Austermayer, Vorstand der staatlichen Verwaltung auf der Herreninsel, konnte mit Freude verkünden, dass im Augustiner-Chorherrenstift mit seinem Museum und den Gemäldegalerien im Vorjahr über 75 000 Besucher begrüßt werden konnten. Weiteres Interesse erhofft er sich unter anderem ab Ende April vom König-Ludwig-II-Museum, das zurzeit neu gestaltet und ergänzt wird. Zudem beginne am 18. Mai die Ausstellung Königsklasse IV“, kündigte Austermayer an.
Auf großes Interesse stieß der Vortrag von Professor Dr. Joachim Wild, Vereinsmitglied und ehemaliger Leiter des Staatsarchivs München, der auch Mitherausgeber und Autor des inzwischen nachgedruckten und wieder erhältlichen Buches „Herrenchiemsee: Kloster – Chorherrenstift – Königsschloss“ ist.
Wild referierte über den „Steinmetz Hans Sweigker von Ulm und seine Steinaltäre für die Stiftskirche Herrenchiemsee“. Sweigker lebte in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, war in Adelskreisen gut vernetzt und lebte lange Zeit auch in Hitzelsberg bei Bernau. Von seinen Steinaltären für die Stiftskirche Herrenchiemsee gibt es Wild zufolge leider keine bildhaften Erinnerungen, die Altäre seien vermutlich dem Barock-Neubau seit 1677 zum Opfer gefallen. Aus der Versammlung kam die Vermutung, dass die Altäre nach ihrem Abbau in den Tiefen des Chiemsee versenkt wurden. Schon vor einigen Jahrzehnten habe es eine Suchaktion gegeben. Angeregt wurde, über eine neue Suche mit modernen Methoden nachzudenken.
Quelle: OVB